DGB befragte Pendlerinnen und Pendler
Wie geht es zu auf dem Arbeitsplatz Sylt? Wie sind die Bedingungen, die Bezahlung, die Wertschätzung – das wollte der DGB Schleswig-Holstein Nordwest mit einer Fragebogen-Aktion in Erfahrung bringen. Vom 17. bis 20. August wandten sich an den Bahnhöfen in Niebüll und Klanxbüll, Keitum und Westerland die Interviewer der Gewerkschaft mit einem kurzen Fragebogen die an- und abreisenden ArbeitnehmerInnen: Was sind Ihre Sorgen und Wünsche?
Hier sind die Ergebnisse unserer Sylt-Umfrage 2015:
Wir möchten uns ganz herzlich bei allen bedanken, die bei unserer diesjährigen Umfrage mitgemacht haben!
Einige der Ergebnisse zusammengefasst:
- Der Mindestlohn hilft Geringverdienern. Während 2012 noch jeder Vierte weniger als 8,50 Euro in der Stunde verdiente, gilt dies im Jahr 2015 nur noch für knapp jeden Zwölften.
- Die Hälfte aller befragten Sylt-Beschäftigten findet nur eine geringe Wertschätzung ihrer Leistung. Die Arbeitgeber auf Sylt verhalten sich damit deutlich schlechter als im Bundesdurchschnitt (30 Prozent). Im Reinigungsgewerbe und in der Gastronomie sieht es noch schlimmer aus: Hier fühlen sich drei Viertel der Beschäftigten nicht wertgeschätzt; auch Handel und Baugewerbe liegen negativ über dem Bundesschnitt.
- Knapp zwei Drittel aller Sylt-Beschäftigten fühlen sich gehetzt und unter Zeitdruck. Die Quote liegt damit weit höher als im ohnehin bedenklichen Bundesschnitt. Im Reinigungsgewerbe leiden 71 Prozent und in der Gastronomie sogar 85 Prozent der Beschäftigten unter Zeitdruck und Arbeitshetze.
- Für rund 70 Prozent aller befragten Sylt-Beschäftigten trifft der Eindruck voll oder eher zu, immer mehr in der gleichen Zeit schaffen zu müssen. Seit 2012 hat sich hier kaum etwas verbessert.
- Mehr als die Hälfte der befragten Sylt-Beschäftigten bekommen ihre Überstunden selten oder nie bezahlt.
- Im Falle der korrekten Überstundenvergütung verbessert sich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Situation auf Sylt dann, wenn es einen Betriebsrat in ihrer Firma gibt.
Und so war´s in Niebüll, Klanxbüll, Keitum und Westerland:
Willkommen am Bahnhof in Klanxbüll! Finn Petersen und Gudrun Jacobsen
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Willkommen am Bahnhof Niebüll! Hartmut Jensen, Perke Heldt, Jürgen Reimer und Mathias Wötzel
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Ralf Nissen im Einsatz...
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Und los geht eine neue Fahrt in Richtung Arbeitsplatz...
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Der Zug ist weg... Mathias hat Zeit...
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Ankommen in Westerland - letzter Pendlerzug am Morgen.
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... und in Westerland warteten Susanne Jankowski-Hansen und...
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... Susanne Uhl.
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Auf Sylt arbeiten mehr als 10.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, dazu kommen fast 2.500 MinijobberInnen – in der Sommersaison pendeln täglich bis zu 4.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ihren Arbeitsplätzen auf die Insel. DGB-Geschäftsführerin Susanne Uhl: „Arbeiten, wo andere Urlaub machen, ist ganz schön anstrengend und stressig. Deshalb wollen wir mit unserer Aktion noch einmal darauf hinweisen, dass die vielen unsichtbaren Dienstleistungen auf der Insel von fleißigen und hochmotivierten Menschen erbracht werden, die ein Recht auf faire Arbeitsbedingungen haben. Gute Arbeit heißt: fairer Lohn, faire Arbeitszeiten, soziale Sicherheit, mitreden und mitgestalten, wirksamer Arbeits- und Gesundheitsschutz – und vor allem Wertschätzung und Respekt, auch auf Sylt. Die Befragung ist zwar nicht repräsentativ, aber wir erhalten eine empirische Grundlage und persönliche Fallschilderungen der ArbeitnehmerInnen.“
Eine ähnliche Befragung hatte der DGB bereits 2012 durchgeführt und war auf großes Interesse bei den Betroffenen gestoßen.
Die Ergebnisse in der Zusammenfassung:
- Während die Handwerker in der Regel tariflich entlohnt wurden, wurde in anderen Branchen die Mindestlohngrenze von 8,50 Euro vielfach und überdurchschnittlich unterschritten: Jeder vierte Befragte verdiente weniger.
- In der Mehrzahl mussten die Beschäftigten ihre Interessen allein vertreten, weil ein Betriebsrat oder eine Mitarbeitervertretung auf der Insel fehlte.
- Fast zwei Drittel der ArbeitnehmerInnen fühlen sich auf Sylt sehr häufig oder oft bei der Arbeit gehetzt - sie hatten mitten in der Urlauberwelt das Gefühl, in der gleichen Zeit immer mehr schaffen zu müssen. Die Überstunden lagen für die meisten im Durchschnitt – aber auf Sylt arbeiteten gegenüber dem Bundesgebiet fast doppelt so viele mehr als 15 Überstunden pro Woche.
- Und: Die Preise auf Sylt schreckten ab. Von denjenigen, die früher auf der Insel gewohnt hatten, sagten nur noch etwa 30 Prozent, dass sie dort eigentlich gerne wieder wohnen möchten: „Die Insel ist verkauft.“