Deutscher Gewerkschaftsbund

Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen in SH

24.08.2020

Arbeiten in Schleswig-Holsteins Schlachthöfen

Viel zu lange Arbeitszeiten, ausbleibende Lohnzahlungen, schwere Arbeit, miese Unterkünfte - all diese Stichworte beschreiben nur unzureichend die teils katastrophalen Arbeits- und Lebenssituationen von ArbeitnehmerInnen mitten unter uns. Auch Schleswig-Holsteins Schlachtindustrie bricht an vielen Punkten geltendes (Arbeits-)Recht. Genauer gesagt: Danish Crown (Husum), Tönnies (Kellinghusen) und Vion (Bad Bramstedt) lassen zu, dass auf ihrem Gelände die Rechte unserer zumeist rumänischen KollegInnen mit Füßen getreten werden. Denn geschlachtet wird nur noch in den seltensten Fällen selbst: Subunternehmer erledigen das Geschäft. Stammbelegschaften wurden schon seit Jahren geschrumpft, Verantwortung outgesourct.

Seit 2014 kümmern sich die DGB Kreisverbände Nordfriesland und Steinburg konkret und vor Ort um Beschäftigte bei Subunternehmen von Danish Crown in Husum und Tönnies in Kellinghusen. Die Region SH Nordwest ist in Bündnissen mit Kirchen und Verbänden aktiv, die sich überörtlich für Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen engagieren. Neben Konferenzen und Runden Tischen gehört dazu auch immer wieder, in Anhörungen und Stellungnahmen die Kommunalen und das Landesparlament für die Situation zu sensibilisieren und ihnen konkrete Maßnahmen abzuverlangen, mit denen Schlachthofbetreiber und Subunternehmer zur Gesetzeseinhaltung veranlasst werden.

+++ Stand August 2020

Seit der letzten schriftlichen Anhörung des Landtages im Februar diesen Jahres hat sich die Situation in der Fleischwirtschaft nochmals zugespitzt: ein Virus hat für eine große Öffentlichkeit die Arbeits- und Lebensbedingungen der Werksvertragsbeschäftigten offengelegt. Die Bundesregierung hat reagiert und einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem Werkverträge und Leiharbeit in den Bereichen Schlachten, Zerlegen, Verarbeiten verboten werden sollen. Darauf haben die Beschäftigten und wir lange gewartet.

Darüber hinaus hat die Bundesregierung das Ziel formuliert, für alle Branchen die Unterkunftssitution verbessern zu wollen. Dieses Ziel wird unseres Erachtens nach mit dem derzeitigen Gesetzentwurf nicht erreicht - wie ihr hier in der Erklärung des "Initiativkreises Fleischindustrie" nachlesen könnt.

 

+++ Landtagsdebatte Juni 2020

Fraglich ist auch, ob der Gesetzentwurf zum Thema Unterbringung im Arbeitsstättenrecht den Kriterien genügt, die der Landtag Schleswig-Holsteins auf Antrag der Regierungsfraktionen CDU, Grüne und FDP im Juni 2020 beschlossen hat.

Der Antrag der Regierungsfraktionen war eine Reaktion auf drei - schließlich abgelehnte - Oppositionsanträge, mit der die SPD die Schlachthofdiskussionen im Land erneut aufgegriffen hatte.

 

+++ Aktionstag am 20. Mai 2020

An vier Standorten der Fleischindustrie in Schleswig-Holstein haben VertreterInnen von Kirchen und Gewerkschaften Beschäftigte in mehreren Sprachen darüber informiert, welche Schutzmaßnahmen im Betrieb nötig sind, um das Risiko an Covid-19 zu erkranken möglichst gering zu halten. Auch ging es mit Blick auf die aktuellen Debatten in Bund und Land um den Appell, endlich zu nachhaltigen Verbesserungen von Arbeits- und Wohnbedingungen zu kommen.

Hier findet ihr Fotos und die Presseerklärung.

 

+++ "Schlachthofkonferenz"

Eine Bilanz aller unserer Aktivitäten haben wir auf unserer gemeinsamen Konferenz gezogen, die am 8. Februar 2020 in Breklum stattfand. Einen Überblick über Themen und Einschätzungen zur aktuellen Lebens- und Arbeitssituation unserer rumänischen KollegInnen findet ihr hier.

 

+++ ASMK Antrag und schriftliche Anhörung im Landtag

Die mittlerweile fast 2-jährige kontinuierliche Zusammenarbeit von DGB Schleswig-Holstein Nordwest, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Kirchlichem Dienst der Arbeitswelt (KDA) in der Nordkirche, den Ev. Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf, der Katholische Pfarrei St. Ansgar Itzehoe, von St. Marien Husum, der Beratungsstelle Faire Mobilität Kiel und dem Christian-Jensen-Kolleg Breklum, trug zuletzt zu verschiedenen parlamentarischen und ministeriellen Aktivitäten bei:

  • auf Antrag des Sozialministeriums Schleswig-Holstein forderte die Sozialministerkonferenz der Bundesländer den Bund auf, Gesetzeslücken zu schließen, die Arbeitgeber zur systematischen Umgehung von Arbeitszeitgesetz, Arbeitsschutz, Unterbringungsstandards usw. nutzen:

 

  • auf Antrag der SPD Fraktion im Landtag berichtete die Landesregierung über ihre Sicht auf die Situation in den Schlachthöfen Schleswig-Holsteins. Der Bericht wurde mittlerweile in die Ausschüsse überwiesen - es wird eine mündliche Anhörung dazu geben. Die schriftliche Anhörung hat bereits stattgefunden. Hier meine Stellungnahme dazu:

 

Initiativenkonferenz Juni 2019

Zuvor fand erstmalig eine bundesweite „Initiativenkonferenz zur Situation von Beschäftigten in Werkverträgen in der Fleischindustrie“ in Elmshorn bei Hamburg statt. Sie diente der Vernetzung, dem Erfahrungsaustausch und der gemeinsamen Beratung, wie eine nachhaltige Verbesserung für die Beschäftigten bei Subunternehmen der Fleischindustrie erreicht werden kann.

Unten finden Sie/findet ihr einige Präsentationen und hier die Abschlusserklärung.

Die Forderungen an die Landespolitik in Schleswig-Holstein haben wir schließlich in einem Brief an alle Landtagsabeordneten zusammengefasst:

 

Felix Bluhm & Peter Birke: Werkverträge in der Fleischindustrie - Befunde eines SOFI-Forschungsprojekts zu Migration & Arbeit

Thomas Bernhard, NGG: Zur Situation von Beschäftigten in Werkverträgen in der Fleischindustrie

 

Schlachthofkonferenz 2018

Am 17. Februar 2018 haben wir gemeinsam mit dem Christian-Jensen-Kolleg Breklum, der Katholische Pfarrei St. Ansgar Itzehoe, dem Kirchlicher Dienst der Arbeitswelt (KDA) in der Nordkirche und dem Kolping Husum zu einer Konferenz eingeladen: "Schlachthöfe in Schleswig-Holstein: Prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen der Werkvertragsbeschäftigten". 

Unten finden Sie/findet ihr die Präsentationen und hier einen kurzen Konferenzbericht.

In Folge der Schlachthofkonferenz gab es darüber hinaus zwei große Veranstaltungen in Kellinghusen (Tönnies) und Husum (Danish Crown). Hier gibt es einen Bericht zu Kellinghusen und hier zu Husum.

 

Landtagsanhörung 2017

Die Situation in der Schlachtindustrie war lange außerhalb des Blickwinkels politischer Akteure. Das gilt für alle Ebenen: Kommunen, Landkreise, das Land. Eine Landtagsanhörung im Januar 2017 hat hier einen ersten Schritt gebracht, das Thema auf der politischen Tagesordnung zu setzen. In den Stellungnahmen, die wir hierzu verfasst haben, findet ihr viele Informationen über die konkreten Lebens- und Arbeitsbedingungen:

Alle schriftlichen Stellungnahmen, also auch die der Arbeitgeber, der Verbände, Kirchen - finden Sie/findet ihr hier.

 

 

Eine unserer zentralen Forderungen ist dabei ein Verfahrensvorschlag: Um die Einhaltung von Arbeits- und Unterkunftsstandards zu veranlassen, zu begleiten und zu überprüfen brauchen wir einen kontinuierlichen Branchendialog mit der Schlachtindustrie auf Landesebene unter Beteiligung von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Beratungsstellen und Kontrollinstitutionen, wie Zoll und das Landesamt für Arbeitsschutz. Die Lebens- und Arbeitssituation unserer KollegInnen in der Schlachtindustrie muss dringend ans Licht und bedarf des politischen Drucks auf die Konzerne und Betriebsleitungen. 

 

Dazu gehört auch die schnell nötige Verbesserung der Unterbringungssituation der KollegInnen. Die Fotos unten sind aus Kellinghusen - sie könnten aber auch in den vielen Unterkünften rund um Husum und Bad Bramstedt gemacht worden sein. Und Sie/ihr könnt sicher sein: es geht - auch wenn man es kaum glauben mag - noch schlimmer.

 

TK

Tobias Klaassen

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Tobias Klaassen

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Tobias Klaassen

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Tobias Klaassen


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